Sieben Gedichte V

 

Wie hat uns der zu weite Raum verdünnt.

Plötzlich besinnen sich die Überflüsse.

Nun sickert durch das stille Sieb der Küsse

des bittren Wesens Alsem und Absynth.

Was sind wir viel, aus meinem Körper hebt

ein neuer Baum die überfüllte Krone

und ragt nach dir: denn sieh, was ist er ohne

den Sommer, der in deinem Schoße schwebt.

Bist du’s bin ich’s, den wir so sehr beglücken?

Wer sagt es, da wir schwinden. Vielleicht steht

im Zimmer eine Säule aus Entzücken,

die Wölbung trägt und langsamer vergeht.

 

 

 

Mit seiner in den Neuen Gedichten vollendeten, von der bildenden Kunst beeinflussten Dinglyrik gilt Rainer Maria Rilke. als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne.

Weiterführend → Lesen Sie auch den Essay von Rainer Maria Rilke auf KUNO über Moderne Lyrik.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.