Salzburg, den 10. 5. 1780
De Salsbourg / a Mademoiselle / Mademoiselle Marie / Anne de Mozart ph: / a / Augsbourg / In Schwaben. / Abzugeben in der / Jesuiten Gassen / Par Munic
Ob ich Joannes Chrisostomus Sigismundus Amadeus Wolfgangus Mozartus wohl im stande seyn werde, den ihre reizende schönheit |:visibilia und invisibilia:| gewis um einen guten Pantofel-absatz erhöhenden Zorn zu stillen, mildern, oder zu besänftigen, ist eine frage die ich aber auch beantworten will: – besänftigen will so viel sagen, als Jemand in einer sänfte sanft tragen – ich bin von natur aus sehr sanft, und einen senf esse ich auch gern, besonders zu dem Rindfleisch – mithin ist es schon richtig mit leipzig: obwohl der M:r feigelrapèe durchaus behaupten oder vielmehr beköpfen will, daß aus der Pastette nichts werden soll – und das kann ich Ja ohnmöglich glauben – es wäre auch nicht der mühe werth daß man sich darum bückte -Ja wenn es ein beutel voll Conventions-kreutzer wäre – da könte man so was endlich aufklauben, heben, oder langen. – drum, wie ich gesagt habe, ich könnt es nicht anders geben, das ist der Nächste Preis – handeln lass ich nicht, weil ich kein Weibsbild bin; und hiemit Holla! Ja mein liebes violoncellchen! so geht und steht es auf der Welt, einer hat den beutel, und der andere hat das geld, und wer beydes nicht hat, hat nichts, und nichts ist so viel als sehr wenig, und wenig ist nicht viel, folglich ist nichts immer weniger als wenig, und wenig immer mehr als nicht viel, und viel immer mehr als wenig, und – so ist es, so war es, und so wird es seyn. mach ein End dem brief, schliess ihn zu, und schick ihn fort an ort und End – feigele:
dero gehorsamster unterthänigster diener
Latus hinüber V: S: mein arsch ist kein Wiener
P: S: Ist die Böhmische trup schon weck – sagen sie mirs, meine Beste, ich bitte sie um Himmelswillen! ach! – – – Sie wird nun in ulm seyn, nicht wahr? O, überzeugen sie mich dessen, ich beschwöre sie bey allem was heilig ist – die götter wissen es, daß ich es aufrichtig meine
lebt’s thüremichele noch? –
blass mir ins loch.
Wie hat sich Vogt mit seiner frau vertragen? –
haben sie sich einander nicht schon gekriegt beym kragen?
lauter fragen.
Eine Zärtliche Ode! –
Dein süsses Bild, O Bäschen,
schwebt stets um meinen Blick
allein in trüben Zähren
daß du – – es selbst nicht bist.
Ich sehe es wenn [d]er abend
mir dämmert, wen der Mond
mir glänzt, seh ichs und – weine
daß du – – es selbst nicht bist.
Bey Jenen Thales Blumen
die ich ihr leesen will,
bey Jenen Myrtenzweigen
die ich ihr flechten will
beschwör ich dich Erscheinung
auf, und verwandle dich
Verwandle dich, Erscheinung S: V:
und werd – O Bääs’chen selbst. P: T:
finis coronat opus, Edler v: Sauschwanz.
***
Die Bäsle-Briefe wurden von der Forschung lange im Giftschrank versteckt.
Wolfgang Amadeus Mozart, ein PräDaDaist? Er ist auch ein Sprachspieler, reimte und vertauschte, schuf falsche Partizipien und neue Redewendungen, formte Worte zu Witzen zusammen und entliess seine Adressaten gern mit «summa summarum 12345678987654321 Empfehlungen», 100’000’000’000 Küssen oder «333 Complimenten». Und über all diesen Blödeleien waberte der strenge Geruch seines ausgeprägten Fäkalhumors. Ganz besonders gut riechen kann man diesen in Wolfgangs Briefen ans Bäsle, seine Cousine Maria Anna Thekla Mozart. Im Oktober des Jahres 1777 besuchte der 21-Jährige die zweieinhalb Jahre jüngere Tochter seines Onkels Franz Alois in Augsburg. 15 Tage verbrachten sie gemeinsam. Das sind 15 Tage, dessen wohl vergnüglicher Inhalt uns für immer verborgen bleibt. Einzig Wolfgangs Briefe, die er nach seinem Aufenthalt in Bayern an sie schrieb, sind die Zeugen einer dort geknüpften Verbundenheit der beiden jungen Leute. Marias Antworten sind bis heute verschollen.
Weiterführend → Mozart auf der Reise nach Prag ist eine Künstlernovelle von Eduard Mörike, welche an das musikgeschichtliche Genie Wolfgang Amadeus Mozart anknüpft und über eine völlig frei erfundene Begebenheit berichtet. Geschildert wird ein Tag aus dem Leben Mozarts im Herbst 1787.
Eine Vorschau auf einen Briefwechsel → Zwischen 1995 und 1999 hat A.J. Weigoni im Rahmen seiner Arbeit für den VS Kollegengespräche mit Schriftstellern aus Belgien, Deutschland, Rumänien, Österreich und der Schweiz geführt. Sie arbeiteten am gleichen „Produkt“, an der deutschen Sprache.