Lebendes Bild

 

Zwei Skribenten mit zu großer Neese

Sitzen vor der Wand aus gelbem Taft;

Und sie sorgen sich um die Synthese

Der Kultur und um die Jungfernschaft.

 

Denn der Teufel schreitet durch die Mitte

Und ist gänzlich ohne innern Halt.

Feurig federn seine langen Schritte,

Schwarz und wechselnd ist er von Gestalt.

 

Und er wedelt mit dem schlangenhaften Schweife;

Denn er hat mit einer Maus gehurt,

Und im Vordergrund raucht schon die Pfeife

Seine neugeborne Mißgeburt.

 

 

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Jakob van Hoddis (Geburtsname Hans Davidsohn; * 16. Mai 1887 in Berlin; † 1942 in Sobibór, „Generalgouvernement“) war ein deutscher Dichter des literarischen Expressionismus. Er ist besonders bekannt für das Gedicht Weltende, ein Werk aus der Anfangszeit des Expressionismus. KUNO möchte den Lyriker nicht auf dieses OneHitWonder reduziert wissen. 70 weitere Gedichte erschienen in den Avantgardezeitschriften Die Aktion und Der Sturm. Sein lyrisches Werk ist vor allem gekennzeichnet durch starke Chiffrenhaftigkeit und dadaistische Elemente. Viele seiner Gedichte zeigen einen skurril-grotesken Inhalt, vermischt mit naiven und schwarz-humoristischen Formulierungen.

Weiterführend →
Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.