Schlagwort: HEL

Über das lyrische Werk von A.J. Weigoni

Ein Gedicht entsteht überhaupt sehr selten – ein Gedicht wird gemacht. Gottfried Benn dichtung lebt nicht allein von plötzlicher inspiration, sondern ebenso durch kontinuierliche arbeit. in seinem essay VerDichtung – Über das Verfertigen von Poesie läßt weigoni, der betont, daß…

langsamer lesen, schneller verstehen

Vorbemerkung der Redaktion: Zum Welttag der Poesie wurde der 21. März von der UNESCO ausgerufen. Dieser Tag wird seit 2000 jedes Jahr gefeiert, er soll an „die Vielfalt des Kulturguts Sprache und an die Bedeutung mündlicher Traditionen erinnern.“ Weiterhin soll…

Der Karthograph des Rheinlands

Heimat ist Vertrautheit. Ist ein mitgegebener oder aufgesuchter Bezugsraum. Etwas, das man sich vormacht oder etwas Vorgemachtes. Ein wie auch immer energetisches Zentrum für Exkursionen und Wiederkünfte, Fluchten und Bewahrungsbestrebungen. Heimat schafft Mentalität, sei es mittels Adaption oder mittels Abwehr.…

Lesen, eine aussterbende Kulturtechnik

Der moderne Flaneur sitzt vor dem Bildschirm. Ihn schlägt nicht weniger als die Welt in ihren Bann. Bilder und Wörter halten ihn gefangen… Wie Goethes dichterisches Ich schlendert der Flaneur im Internet ’so für sich hin‘ und lässt die Gedanken,…

Alternativer Literaturnobelpreis an Maryse Condé

Dass in dem Jahr, in den Philip Roth stirbt, der Literaturnobelpreis nicht vergeben wird, ist angemessen. Peter Glaser Der Literaturnobelpreis wird in diesem Jahr ausgesetzt. Unterdessen verdichten sich in Schweden die Hinweise darauf, daß die Nobelstiftung die Verantwortung für den…

Nahbell

  T om  mich hat der tango uffjedreht O bendruff noch ein sonett an Peter M einen ältsten freund un Philoktet D as macht noch nen zacken überdrehter   E j  wir kannten uns seit anno E T om: das…

Sonett eines Raben

  Ich wurde leicht als ich die stimme hörte die klang als ob in rabenschwarzen schwingen von lichtgestimmtem bernstein zungen singen im wind der über allen dächern röhrte   in den ich flöge von dem knöchel deines gespreizten fingers und…

Für Wolfgang Staudte

  Wir bauen städte wieder auf die menschen heilt das nicht Sie steigen aus den kellern auf und stecken fest im licht   Hier mein planet  da dein planet gepropft  ein kriechvulkan Wenn jedes seiner wege geht dann ist auch…

Keun am Rhing

  Sie haust im souterrain Eupener Str   elternhaus darüber alles in trümmer aber das gras wächst sich aus Es gibt kein glanz mehr glanz war sie sowieso ab 15 Doornkaat wird ihr der arsch erst froh Dat war dat Irmgard…

Salvador / Honduras

EPISODE AUS DEM FUSSBALLKRIEG 1969 Wir stießen beim kriechen zusammen Er hatte order  mich fort zum hauptquartier zu begleiten Das einzige telex lief dort   Er konnte mich nicht begleiten er kroch an die front zurück Beim leichenbegraben zog er…

Erst geht ’s ins bad

  Erst geht ’s ins bad   das ohr geleckt die schlimmen teile zugedeckt der lotse wirft das lot aus und keins muß wagen   keins gewinnn streicht jochbein wimpern   nase kinn nix okkasion und notmaus   Er prüft den geist   den…

Für Orhan Pamuk

  Sie badet nackt im hohlweg Bosporus die dampfer leichten schlafes ihr spalier der kabbelwellen papageienkuß und träger tragen nacht nach Cihangir   Den hügeln aber zeigt sie sich verhüllt im kleid mit goldnem labyrinth bestickt Wenn der nordost aus…

exprimtell

  A kadementen exkeribenten mamakafenten hirnkrüppel hinkt   B linguenten smörrealenten tönerne enten dichtungsberingt   C erebum jandln follt ihr ferfandln zuckerkandl arbe   huelsenbeckmandln tristantzarandln D adadad Arp      *** Further reading → Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich…

Amphetamine

    fließbandbereit Rottenmaschine aus der es schreit   Moneygehackte alles auf speed wobei die kacke linien zieht   Streubomben kribbeln unter der haut Ohrdrachen dribbeln Twist und Shout   Zotten der därme schlachthofgespült während die herme gipsstaub mühlt  …

Ich bring dich nicht in schweiß

  –  Ich bring dich nicht in schweiß dich nicht in rage Du lebst an mir vorbei ich zahl die gage   –  Ich lebe neben dir ich bin die fremde die ganze zeit schon hier auf feindgelände?   – …

Der letzte Mohikaner des Literaturbetriebs

Kunst umsonst ist geschenkt. HEL Weit vor der der neuen digitalen Literaturgattung Twitteratur hat Herbert Laschet Toussaint (HEL) den oben genannten analogen Tweet erdacht. HEL ist bekannt geworden als Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Er ist ein Archäologe des analogen…

Brief halb an mich selbst

16.5.2011 an HEL   Du: unterfordert? Von wem? Von der Welt, der du dich stellst, oder von dir selbst? Und du meinst, vielen geht es so? – Ich denke, es liegt nicht an der Welt, sondern oft an zu leichtem…

„… die briefjes und bildchens, ich mach das aus Weltordnung.“

HELs Graphik ereignet sich oft zwischen den Zeilen oder den Texten und auf den Briefum-schlägen, manchmal in malerischer Harmonie mit Tee- und Kaffeeflecken. Die „Bildjes“ oder Strichinen sind oft winzig und werden wie die größeren grob mit der Schere zurechtgeschnitten…

geKritzHEL

  Das Wort Comic kategorisiert man früher unter Sequenzielle Kunst. In der letzten Zeit wird diese Kunst vom meinungsbildenden Feuilleton zur Graphic Novel hochgejazzt. Da tut es wohl, wenn sich jemand darüber nonchalant hinwegsetzt. „KritzHEL“ mehr understatement geht kaum noch.…

Kulturnotizen 2012 • Ich erinnere mich

Ich erinnere mich an ein Interview mit dem Lichtkünstler Mischa Kuball, der eine geschlossene Synagoge von innen mit einem starken Licht illuminierte; so verwies er auf die Betrachter, die nicht hineinkamen und ausgeschlossen blieben, wie die Juden im 3. Reich –…

Die Farben der Bücher und des japanischen Himmels

Vor mir liegen ein dunkelblaues Buch und ein dunkelrotes Buch. Die Früchte des Sommers tragen diese Farben – Blaubeere und eine in hiesigen Breitengraden noch zu entdeckende Frucht zwischen Brom- und Himbeere. Ich lese die Bücher parallel, irgendwie gehören sie…

Apocalypso

Vorbemerkung der Redaktion: Für das Projekt Kollegengespräche hat A.J. Weigoni einen Austausch zwischen Schriftstellern angeregt. Auf KUNO ist diese Reihe wieder aufgelebt. Wir nutzen den Jahresrückblick auf KUNO um HEL in einem Briefwechsel mit Ulrich Bergmann näher vorzustellen. HEL Ich…

floppy myriapoda

Die deutschsprachige Underground-Literatur ist tot? Von wegen! Totgesagte leben länger – und erweisen sich im Fall der Überzeugungstäter Alexander Krohn und Kai Pohl als mindestens so vital, aber weitaus angriffslustiger als ihre nach den Sternen des Establishments greifenden Lyrik-Kollegen. Krohn…

Anmerkungen zu den Kritischen Körpern

Schläuchmaschin basiert auf Tatsachen, die mir Schüler meiner 10C erzählten. Nur der Schluss ist erfunden, soll aber gelesen werden als Bild für die selbstzerstörerische Tendenz beim Suchen nach sich selbst, Saufpotenz mangels Gelegenheit an Realisierung sexueller und geistiger Potenz zum…

Am Arsch der Welt

„Das ist eine Tragödie!“, dachte ich. Hel erzählte eine der entsetzlichen Geschichten aus dem Südlimburgischen. Dort schnappte er im Sommer die Fortsetzungsmärchen aus dem Alltag im Dreiländerloch auf, Variationen der Entfremdung, die im Abseits der Welt ganz von allein aus…

schamane

  Von den alten schamanen ging alles aus, medizin, sport über tanz, kunst über die lehrzeichnungen in den initationshöhlen, philosophie über die zeichenschau. Wer heute mehr tut als sich zu ernähren und zu vermehren, trägt davon in sich, bis in…

Pop-Schamanismus

  Der Pop-Shamane ist ein Mensch, der auf einen Kreis von Schülern, Sympathisanten oder Fans eine magische Wirkung ausübt. Dabei benutzt er eine alltagsweltliche und laxe, aber in keinem Fall flache oder gar unästhetische Sprache. Er verwendet Codes und Symbole…

Das sich erklärende Wort

Die Poesie ist ein Versuch, der Wirklichkeit auf nichtbegriffliche Weise zu begegnen Yves Bonnefoy Lyriker haben keine schlichten Vokabeln, weder im Leben noch in der Dichtung. Selbst Jugendgedichte verdeutlichen das Umkreisende, das eine Suche nach Identität birgt: loslassen, sich selbst…

Testament

1 Wo bin ich?   wohin hat es mich gebracht? was ist das für ein schwarzes nachtgelände im nervenbaum im   fontanellenschacht? es ist kein anfang und es ist kein ende So eng ist’s hier daß es unendlich weit ist so schwarz daß sie…

Wie, was social beat ist und warum und warum nicht

  Seit über einem Jahr geistert ein Begriff durch die Spalten der Feuilletons, in den Wellen von Rundfunkanstalten, den Zeilen der TV-Sender: SOCIAL BEAT. Aber kaum einer weiß, was sich hinter diesen beiden Wörtern verbirg. Weder die Medien, noch die…