Autor: Heinrich von Kleist

Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden

An Rühle von Lilienstern Wenn Du etwas wissen willst und es durch Meditation nicht finden kannst, so rathe ich Dir, mein lieber, sinnreicher Freund, mit dem nächsten Bekannten, der dir aufstößt, darüber zu sprechen. Es braucht nicht eben ein scharfdenkender…

Allerneuester Erziehungsplan

Zu welchen abenteuerlichen Unternehmungen, sei es nun das Bedürfnis, sich auf eine oder die andere Weise zu ernähren, oder auch die bloße Sucht, neu zu sein, die Menschen verführen, und wie lustig demzufolge oft die Insinuationen sind, die an die…

Redaktionelle Anzeigen und Erklärungen

  Unser Bestreben, die edelsten und bedeutendsten Künstler und Kunstfreunde für eine allgemeinere Verbindung zu gewinnen, als sie bereits in Dresden, dem Lieblingssitze der deutschen Kunst, existierte, hat den glücklichsten Fortgang. Demnach beginnen wir mit dem Jahre 1808, nach dem…

Über das Marionettentheater

  Als ich den Winter 1801 in M… zubrachte, traf ich daselbst eines Abends, in einem öffentlichen Garten, den Herrn C. an, der seit kurzem, in dieser Stadt, als erster Tänzer der Oper, angestellt war, und bei dem Publiko außerordentliches…

Die Marquise von O…

(Nach einer wahren Begebenheit, deren Schauplatz vom Norden nach dem Süden verlegt worden) In M…, einer bedeutenden Stadt im oberen Italien, ließ die verwitwete Marquise von O…, eine Dame von vortrefflichem Ruf, und Mutter von mehreren wohlerzogenen Kindern, durch die Zeitungen…

An Palafox

  Tritt mir entgegen nicht, soll ich zu Stein nicht starren, Auf Märkten oder sonst, wo Menschen atmend gehn; Dich will ich nur am Styx bei marmorweißen Scharen, Leonidas, Armin und Tell, den Geistern, sehn.   Du Held, der gleich…

Brief eines Malers an seinen Sohn

Mein lieber Sohn, Du schreibst mir, daß du eine Madonna malst, und daß dein Gefühl dir, für die Vollendung dieses Werks, so unrein und körperlich dünkt, daß du jedesmal, bevor du zum Pinsel greifst, das Abendmahl nehmen möchtest, um es…

Dichter

    Wenn wir von den Dichtern verlangen wollen, dass sie so idealisch sein sollen wie ihre Helden, wird es noch Dichter geben?     *** Heinrich von Kleist stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit […] jenseits der…

Brief eines Dichters an einen anderen

  Mein teurer Freund! Jüngsthin, als ich dich bei der Lektüre meiner Gedichte fand, verbreitetest du dich, mit außerordentlicher Beredsamkeit, über die Form, und unter beifälligen Rückblicken über die Schule, nach der ich mich, wie du vorauszusetzen beliebst, gebildet habe;…

Altar

    Mit demselben Gefühle, mit welchem du bei dem Abendmahle das Brot nimmst aus der Hand des Priesters, mit demselben Gefühle, sage ich, erwürgt der Mexikaner seinen Bruder vor dem Altare seines Götzen.   *** Heinrich von Kleist stand…

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    Und was ist des Strebens wert, wenn es die Liebe nicht ist!       *** Heinrich von Kleist stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit […] jenseits der etablierten Lager“ und der Literaturepochen der Weimarer Klassik…

Antwort

  Freund, du bist es auch nicht, den nackt zu erschauen mich jückte, Ziehe mir nur dem Apoll Hosen, ersuch ich, nicht an.       *** Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises.…

Wissen

    Das Wissen macht uns weder besser, noch glücklicher.     *** Heinrich von Kleist stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit […] jenseits der etablierten Lager“ und der Literaturepochen der Weimarer Klassik und der Romantik. Weiterführend → Lesen…

Ein Satz aus der höheren Kritik

  Es gehört mehr Genie dazu, ein mittelmäßiges Kunstwerk zu würdigen, als ein vortreffliches. Schönheit und Wahrheit leuchten der menschlichen Natur in der allerersten Instanz ein; und so wie die erhabensten Sätze am leichtesten zu verstehen sind (nur das Minutiöse…

Gift

    Der unseelige Ehrgeiz, er ist ein Gift für alle Freuden.     *** Heinrich von Kleist stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit […] jenseits der etablierten Lager“ und der Literaturepochen der Weimarer Klassik und der Romantik.…

Der Bewunderer des Shakespeare

  Narr, du prahlst, ich befriedge dich nicht! Am Mindervoll-kommnen Sich erfreuen, zeigt Geist, nicht am Vortrefflichen, an!       *** Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises. Lesen Sie auch Heinrich von…

An die Nachtigall

  (Als Mamsell Schmalz die Camilla sang)     Nachtigall, sprich, wo birgst du dich doch, wenn der tobende Herbstwind Rauscht? – In der Kehle der Schmalz überwintere ich.         *** Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin…

Betrachtungen über den Weltlauf

Es gibt Leute, die sich die Epochen, in welchen die Bildung einer Nation fortschreitet, in einer gar wunderlichen Ordnung vorstellen. Sie bilden sich ein, daß ein Volk zuerst in tierischer Roheit und Wildheit daniederläge; daß man nach Verlauf einiger Zeit,…

Aufsatz,  den sichern Weg des Glücks zu finden

An Rühle Wir sehen die Großen dieser Erde im Besitze der Güter dieser Welt. Sie leben in Herrlichkeit und Überfluß, die Schätze der Kunst und der Natur scheinen sich um sie und für sie zu versammeln, und darum nennt man…

Über die Aufklärung des Weibes

Für Wilhelmine von Zenge den 16. September 1800 zu Würzburg Alle echte Aufklärung des Weibes besteht am Ende wohl nur darin, meine liebe Freundin: über die Bestimmung seines irdischen Lebens vernünftig nachdenken zu können. Über die Bestimmung unseres ewigen Daseins…

Geistererscheinung

  Im Anfange des Herbstes 1809 verbreitete sich in der Gegend von Schlan (einem Städtchen vier Meilen von Prag auf der Straße nach Sachsen) das Gerücht einer Geistererscheinung, die ein Bauernknabe aus Stredokluk (einem Dorfe auf dem halben Wege von…

Wunsch am Neuen Jahre 1800

für Ulrike von Kleist   Amphibion Du, das in zwei Elementen stets lebet, Schwanke nicht länger und wähle Dir endlich ein sichres Geschlecht. Schwimmen und fliegen geht nicht zugleich, drum verlasse das Wasser, Versuch es einmal in der Luft, schüttle…

Neujahrswunsch eines Feuerwerkers an seinen Hauptmann, aus dem Siebenjährigen Kriege

Hochwohlgeborner Herr, Hochzuehrender, Hochgebietender, Vester und Strenger Herr Hauptmann! Sintemal und alldieweil und gleichwie, wenn die ungestüme Wasserflut und deren schäumende Wellen einer ganzen Stadt Untergang und Verwüstung drohen, und dann der zitternde Bürger mit Rettungswerkzeugen herzu eilet und rennt,…