Einbildung

 

Lass uns Kaffee trinken gehen, sagt Arthur, als wir die Gemäldegalerie verlassen, ich brauch jetzt innen auch ein Bild.

Wie soll ich das verstehen?, frage ich.

Am besten einen Espresso, sagt Arthur. Wenn der Kellner mit dem Zucker und der Espressotasse kommt, stellt er mir das Mittelmeer auf den Tisch, ich trinke dann Sonne und erschaffe mir inwendig mediterrane Sanguinität, ich stülpe mein Innenbild nach außen, verstehst du?

Aha. Wir verlassen also die Gemäldegalerie und gehen in den Alltag wie in eine neue Gemäldegalerie, sage ich, die Welt als Museum…

Ja, die Welt ist das Museum, das Museum die Welt, das Weltmuseum steckt in uns oder nirgends. Du musst nur einen Espresso bestellen.

Einfach so?

Ja, so einfach ist das.

 

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Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann. KUNO 2017.

Cover der Totholzausgabe

Als intensiver Beobachter verfügte Ulrich Bergmann über die Begabung, noch die alltäglichsten Details in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken, um etwas über das Leben und die menschlichen Beziehungen zu erzählen. Er nennt seine Kurzprosa ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren in diesem Jahr auf KUNO alle Arthurgeschichten und warnen Sie: Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht.

Weiterführend → Lesen Sie zu den Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.