Glück auf, der Künstler kommt!

Menschen, die „im Leben stehen“, belächeln „erfolglose“ KünstlerInnen oft, weil die nicht von ihrer Arbeit leben können und auch noch mieseste Arbeitsbedingungen akzeptieren. Auch die Kassen der Kunst- und Fördervereine sind mittlerweile nicht mehr so voll, Künstler müssen sich oft selbst um Ausstellungen, Einladungen usw. kümmern. Aber wenn dann eine Ausstellung zustande kommt, macht das einfach auch glücklich.

Martina Biesenbach

Glück Glück Glück lautete der misslungene Slogan einer niederrheinischen Altbiermarke. Dabei ist das Thema Glück beinahe selbstredend. Das Wort Glück kommt von mittelniederdeutsch gelucke bzw. mittelhochdeutsch gelücke. Es bedeutete Art, wie etwas endet / gut ausgeht. Glück war demnach der günstige Ausgang eines Ereignisses. Voraussetzung für den Beglückten waren weder ein bestimmtes Talent noch auch nur eigenes Zutun. Dagegen behauptet der Volksmund eine mindestens anteilige Verantwortung des Einzelnen für die Erlangung von Lebensglück in dem Ausspruch: Jeder ist seines Glückes Schmied. Die Fähigkeit zum Glücklichsein hängt in diesem Sinne außer von äußeren Umständen auch von individuellen Einstellungen und von der Selbstbejahung in einer gegebenen Situation ab. Und neimand bewältigt das bezaubernder als die 30-jährige Grundschullehrerin Pauline, genannt Poppy, in happy go lucky.

Pursuit of Happiness

Das Streben nach Glück hat als originäres individuelles Freiheitsrecht Eingang gefunden in das Gründungsdokument der ersten neuzeitlichen Demokratie, in die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten. Dort wird es als Pursuit of Happiness bezeichnet. Die Förderung individuellen menschlichen Glücksstrebens ist heute Gegenstand spezifischer Forschung und Beratung unter neurobiologischen, medizinischen, soziologischen, philosophischen und psychotherapeutischen Gesichtspunkten. Insgesamt sind politische Freiheit, soziale Netzwerke und die Abwesenheit von Korruption zentral dafür, daß Menschen glücklich sind. „Gleiches Glück für alle“ klingt in dieser Zeit utopisch, doch hat der Ausruf nach Glücksgerechtigkeit auch heute noch seine Berechtigung?

Ja, zum Glück!

Das Thema Glück in der Kunst

Im künstlerischen Diskurs zum Thema Glück tun sich witzige, spannende, überraschende Vorstellungen auf, die zum Nachdenken, zum Verweilen anregen, die neue, oder vergangene Glücksperspektiven eröffnen, die auch traurig machen können. Die Auswahl der Künstler ist nicht beliebig. Aufgrund unterschiedlichster Biographien, der zum Teil großen Altersunterschiede, Materialvorlieben, Stein, Foto, Film, Malerei, Stahl, Objektkunst, Performance, Musik, werden einmal mehr verschiedene künstlerische Standpunkte und Herangehensweisen zum Thema Glück aufgezeigt, die einem breiten Publikum zur Verfügung gestellt werden sollen.

Ich begegne immer wieder Arbeiten von großen Künstlern, die mich beschäftigen und zu neuen Sichtweisen anregen. Aber auch Arbeiten von noch nicht so bekannten KünstlerInnen geben mir oft ein Gefühl von Hoffnung, Verbundenheit und „Glück“, ich bin sehr froh über diese Geschenke.

Martina Biesenbach

Zum Glück für die Kunst, daß es Artisten wie  Martina Biesenbach gibt. In 2004 initiierte die Künstlerin ein Projekt, bei dem sich Künstler zu Ausstellungen über das Thema Glück vernetzen. Nach der ersten Werkschau 2004 in der Deutzer Brücke Inseln des Glücks wurden weitere Ausstellungen 2006 in Wiesbaden Glück und Konsum und im September 2009 in Dortmund Glück und Zeit im November 2009 im Statt Museum ausgerichtet. 2011 folgte die Reihe im Kulturbunker Ehrenfeld unter dem Titel glück, eine spur. KünstlerInnen aus dem In,-und Ausland zeigten vom 25.03. bis zum 22.04.2012 zur 7. Station der Ausstellungsreihe zum Thema „Glück“ Ihre Positionen mit den Mitteln der Malerei, Video, Installation, Fotografie, Zeichnung und Objektkunst im Museum Zündorfer Wehrturm in Köln, Porz-Zündorf.

Dieses Projekt wird nun in Buchform dokumentiert, bei der glücklicherweise Dr. Thomas Münch, Professor für Verwaltung und Organisation im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften an der Fachhochschule Düsseldorf, mitwirkte. In diesem Sammenbald wartet eine Fülle an  Motiven, zahlreiche  Entdeckungen sind in diesem Kompendium zu machen. So sind beispielsweise auch explizit gesellschaftskritische Texte darin zu finden. Es ist dieses Paradox, das man die Erfahrung des Glücks und der Suche nach Klarheit gegeneinander ausspielt, sodaß letztlich nur warten hilft, auf die lichten Momente. Diese geschehen meist in Phasenverschiebungen, während eines paradigmatischen Wechsels, eines Umbruchs oder einer Umstellung der Lebensgewohnheiten. Die Mischung in diesem Kompendium kann sich sehen- und lesen lassen.

 

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Vernetzungsprojekt „Inseln des Glücks – Bd. 14: Thomas Münch / Martina Biesenbach (Hg.): „Glück“ Transfer aus den Sozial- und Kulturwissenschaften. Ein wissenschaftliches, literarisches und bildendes „Kunstprojekt“. In diesem Band gehen Bildende Künstler, Literaten und Wissenschaftler auf die Suche nach verschiedenen Vorstellungen vom persönlichen Glück, vom Glück der Anderen oder eben von der Gerechtigkeit des Glücks. Dabei wird deutlich, dass Wissenschaft und Kunst das Thema  aus einem je eigenen Blickwinkel betrachten. Doch durch die Zusammenstellung der Beiträge  entsteht ein neues Bild, das den Leser inspirieren soll, sich seine eigene Vorstellung vom Glück zu machen.